Leserbrief

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vom 06.12.2011

Gesetze missachtet

Betrifft: Artikel »Antibiotika in fast allen Hähnchen» (EJZ vom 16. November)

Der weitverbreitete verbotene Einsatz von Antibiotika in der intensiven Hühnermast belegt ein weiteres Mal, dass sich die Tierindustrie, wann immer es ihr opportun erscheint, über Gesetze hinwegsetzt, auch wenn sie damit die Gesundheit aller gefährdet. Dieser Sumpf muss nun endlich ein für allemal ausgetrocknet werden.

Schon vor dem EU-weiten Verbot der Futtermittel-Antibiotika 2006 spekulierten Geflügel- und die Schweinemäster sowie Wissenschaftler hinter vorgehaltener Hand über verschiedene Optionen, mit denen finanzielle Einbußen vermieden werden könnten, und auch über die Möglichkeit, das Verbot durch gestreckten Einsatz von eigentlich für therapeutische Zwecke bestimmte Antibiotika zu umgehen. Die Veröffentlichung dieser gemeingefährlichen Machenschaften im Jahr 2010 durch den ehemaligen Amtsveterinär Dr. med.-vet. Hermann Focke in dem Buch »Die Natur schlägt zurück - Antibiotikamissbrauch in der intensiven Nutztierhaltung und Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt» hätte eigentlich die Länderregierungen und die Veterinärämter aus ihrer »Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen»-Haltung aufschrecken müssen. Stattdessen wurde jedoch die Geflügelbranche nach massivem Druck ihrer Lobbyverbände von der für andere Nutztiere geltenden Pflicht zur Offenlegung des Antibiotikaeinsatzes ausgenommen. Zur Begründung mussten ausgerechnet der hohe Grad der Integration der Geflügelmast und der damit begründete Datenschutz herhalten, weil die Zuordnung zu bestimmten Hintermännern und Hinterfrauen zu offenkundig wären.

Dem systemimmanenten hohen Infektionsdruck in den intensiven Tierhaltungssystemen (Massentierhaltungen) versucht man schon lange durch eine breite Palette von Pharmaka zu begegnen. Diese zunächst als »Einstallungsprophylaxe» bezeichnete Vorgehensweise nennt die Tierindustrie inzwischen »Metaphylaxe», damit sich Laien darunter nichts vorstellen können. Ohne die fragwürdige Hilfe der Pharmaindustrie sind in der Geflügelmast schon lange keine Profite mehr möglich.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Integratoren nicht nur das Mastgeflügel liefern, sondern auch das Futter. Sie schicken Berater und töten das schlachtreife Geflügel in eigenen Schlachthöfen, ja, und die Firma Lohmann Animal Health liefert auch einen Teil der zum Einsatz kommenden Medikamente.

Eckard Wendt,
Stelle,
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung

 

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