Leserbrief

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vom 27.07.2011

Von friedlicher Meinungsäußerung weit entfernt

Betrifft: Hähnchenmast

Da ich kein Interesse daran habe, einen bestehenden Konflikt zusätzlich anzustacheln, und es immer verschiedene Sichtweisen einer Situation gibt, habe ich in den vergangenen Wochen darauf verzichtet, den unzähligen Leserbriefen etwas entgegenzusetzen. Manche der Kommentare, wie zum Beispiel die Frage, ob dann bald »die nächste Generation da sei, die sich nicht erinnert und ihre Kinder wieder Adolf nennt», sind für mich unfassbar weit unter der Gürtellinie. Wo bleibt dabei eigentlich die allseits geforderte Sachlichkeit? Die Ausmaße der aktuellen Diskussion beobachte ich mit Entsetzen, und die vielen aus meiner Sicht fatal verdrehten Fakten kann und darf man so nicht länger unkommentiert stehen lassen.

Ich finde es erschreckend, mit welch einer Selbstverständlichkeit fremdes Eigentum besetzt, beschädigt und entwendet wird. Wenn im selben Atemzug darauf beharrt wird, nichts weiter als eine friedliche und sachliche Meinungsäußerung getätigt zu haben, dann möchte ich an dieser Stelle die Frage stellen: Gehören Steinwürfe durch Schlepperscheiben, ein dabei verletzter Landwirt und der dadurch entstandene Sachschaden am Schlepper inzwischen zu einer »friedlichen Demonstration»?

Aus meiner Sicht ist das alles andere als friedlich, und die seelische und körperliche Grausamkeit, die persönlichen Anfeindungen und Bedrohungen, die hier einzelnen Landwirten entgegengebracht wurden, sind weit entfernt von sachlicher Argumentation oder friedlicher Meinungsäußerung.

Nicht zuletzt durch die einseitige Berichterstattung entsteht ein völlig falsches Bild von den Ereignissen in Teplingen. Als sich den Besetzern der Baustelle am Abend des 27. Juni Unterstützer der Familie und Befürworter der Baumaßnahme entgegenstellten, haben die auswärtigen Aktivisten das Camp freiwillig verlassen. Sie hatten sicherlich nicht damit gerechnet, dass weite Teile der heimischen Bevölkerung den Landwirt unterstützen wollen und sich für den geplanten Stall einsetzen. Zahlreiche Beobachter haben später berichtet, dass weder Zwang noch Gewalt ausgeübt wurden. Erst nachdem sichergestellt war, dass sich niemand in den Zelten befand beziehungsweise am Tribock angekettet war, wurden diese entfernt. Auch das Eigentum der Aktivisten wurde geachtet, indem genügend Zeit eingeräumt wurde, das persönliche Hab und Gut vom besetzten Grundstück zu entfernen.

Ich kann nicht verstehen, warum die Entscheidung von Landwirten, die ihren eigenen Betrieb durch einen neuen Betriebszweig erweitern wollen, dazu anregen kann, Grundsatzdebatten auf dem Rücken einzelner Familien zu führen. Ich sehe auf der Seite der Besetzer weder Sachlichkeit noch friedliches Vorgehen, und es bleibt die Frage offen: Wo bleibt die Freiheit und Akzeptanz für landwirtschaftliche Familienbetriebe, die mit aller Kraft daran arbeiten, ihren Betrieb auch in Zukunft erhalten zu können?

Christoph Heers,
Riestedt

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