Leserbrief

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vom 01.02.2011

Gefordert: artgerechte Tierhaltung

Betrifft: Diskussion um industrielle Landwirtschaft

Am 22. Januar demonstrierten etwa 22 000 Menschen in Berlin gegen eine von der Agrarindustrie bestimmte Landwirtschaft, gegen Massentierhaltung und gegen den Anbau genmanipulierter Pflanzen, gegen eine Agrarindustrie, die profitgierig, global und undurchsichtig agiert und so Lebensmittelskandale begünstigt, gegen eine Agrarindustrie, die mit Fleischexporten bäuerliche Märkte in ärmeren Ländern zerstört, und die, um mehr Flächen für Futtermittel zu haben, in diesen Ländern rücksichtslos Natur zerstört oder Flächen in Beschlag nimmt, welche damit kleinbäuerlichen Betrieben verloren gehen. 22 000 Menschen forderten dagegen eine Wende in der Agrarpolitik hin zu artgerechter Nutztierhaltung, ökologischer Landwirtschaft und unbelasteten Lebensmitteln.

Dies wird ein langer Weg sein, denn die Interessen der Futtermittelindustrie und der Fleischkonzerne mit ihrer Massentierhaltung werden alles dafür tun, um ihren Profit weiterhin zu sichern.

Hierfür werden Tiere zur Ware gemacht, das Leiden von Kreaturen spielt keine Rolle, Achtung vor der Würde von Lebewesen geht verloren. Landvolkpräsident Hilse, engstens verbunden mit der Agrarindustrie, spricht, scheinbar gänzlich unberührt von dem Leiden der Tiere, zynisch von modernen Standards innerhalb der niedersächsischen Tiermast, die beispielhaft seien. Dabei weist eine Studie aus dem Agrarministerium auf Missstände in der Geflügelmast hin (EJZ vom 14. Januar). Auch der neue niedersächsische Landwirtschaftsminister Lindemann sieht Defizite in der Tierhaltung und will diese abschaffen (»Hallo Niedersachsen» am 19. Januar). In einem Interview in der Hannoverschen Zeitung sagte er, es »sollten die Rahmenbedingungen in der Nutztierhaltung nicht dazu führen, dass die Tiere Skelett-Deformationen erhalten. Ich will Bedingungen schaffen, die nicht automatisch zur Tierquälerei führen». Doch dann: »Die Grenze dessen, was in Sachen Tierschutz machbar ist, liegt dort, wo (...) Landwirte glaubhaft machen können, dass sie nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können (HAZ vom 18. Januar). Das heißt: Tierquälerei ist erlaubt, wenn es den Landwirten schlecht geht. Erschreckend, Herr Lindemann mutet den Landwirten zu, ihr Auskommen mit dem Leiden von Tieren zu erwirtschaften. Er muss vielmehr politisch Rahmenbedingungen schaffen, die eine artgerechte Tierhaltung bei gleichzeitig guten Verdiensten für die Landwirte ermöglichen. Richtwert für Herrn Lindemann sollte der Weltagrarbericht sein, initiiert von der Weltbank und der UNO, an dem vier Jahre lang weltweit über 500 unabhängige Wissenschaftler gearbeitet haben und zu dem Ergebnis kommen, dass die Zukunft der Menschheit in einer Landwirtschaft liegt, die ökologisch wirtschaftet, die Artenvielfalt erhält und artgerechte Tierhaltung betreibt.

Hermann Klepper,
Banzau

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